Literaturtip: Helen Kellers Hände

Helen Kellers autobiographische Lebenserinnerungen „Mein Weg aus dem Dunkel“ erzählt von ihrem ungewöhnlichen Leben. Sie veröffentlichte es bereits im Alter von 22 Jahren.
Helen Keller wird 1880 geboren. Im Alter von 18 Monaten wird sie blind und gehörlos. Sie empfindet die Dunkelheit und Stille als quälend und schrecklich. Wegen ihrer zunehmenden Verzweiflung und damit einhergehenden Wutausbrüchen erhält sie im Alter von sieben Jahren Privatunterricht und lernt nicht nur schreiben und lesen, sondern nach drei Jahren auch sprechen. Schließlich besucht sie das College und legt als erste Behinderte und eine der ersten Frauen überhaupt ihren Abschluss mit summa cum laude an der Havard-Universität ab.
Ihr Buch beschreibt in sehr dichter Sprache die ersten Jahre ihres Lebens und endet mit dem Abschluss des Colleges. Anschließend an diese Schilderungen folgen ausgewählte Briefe und ein Bericht der Lehrerin, der die Entwicklung Helen Kellers sehr plastisch und liebevoll nachzeichnet und somit eine perfekte Ergänzung darstellt. Mittels Buchstabieren in die Handfläche öffnete ihr Anne Sullivan das „Tor zur Welt“ und „befreite ihren Geist“. Sie wurde von ihrer Lehrerin nicht nur unterrichtet und erzogen, sondern auch über 50 Jahre lang begleitet und unterstützt. Helen Keller setzte sich ihr ganzes Leben für die Behindertenbewegung und die Suffragettenbewegung ein.
Das Buch berichtet nicht nur davon, wie sie lernt, mit ihrer Behinderung umzugehen, und zudem für ihre Zeit ungewöhnlich viel erreicht, sondern vor allem auch von einer mutigen und selbstbewussten Frau, die es nicht nur geschafft hat, ihre damalige Umgebung von sich zu überzeugen, sondern der es bis heute gelingt, den Leser mit ihren Schilderungen zu erstaunen. Der Untertitel besagt, es sei die Geschichte einer Frau die ihre Behinderung besiegte. Das ist irreführend und pathetisch. Das Buch zeigt nicht den Sieg über die Behinderung, es zeigt das ungewöhnlich intensive Leben mit einer Behinderung. Man legt es nicht aus der Hand, bis man die letzte Seite gelesen hat und mag dann nicht glauben, dass es wirklich schon die letzte Seite war.

Helen Keller: „Mein Weg aus dem Dunkel – Blind und gehörlos – Das Leben einer mutigen Frau, die ihre Behinderung besiegte“, 1994. Leider ist das Buch nur noch über Antiquariate zu beziehen.

Lena Anders

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