Anarchie ist eine Gesellschaftsform, in der Herrschaft und Gewalt abgeschafft sind. Klingt utopisch? Ist es auch! Trotzdem gab es in den vergangenen zwei Jahrhunderten eine große Bewegung von Anarchisten, die diesen Zustand erreichen wollten. Mit dem Staat hatten sie nichs am Hut. Auch Demokratie war ihnen suspekt. Es gab bereits anarchistische Gemeinschaften, zum Beispiel in anarchistisch verwalteten Gebieten in Nordspanien während des Bürgergkrieges in den 1930er Jahren. Trotzdem waren die Anarchisten bisher nicht wirklich erfolgreich. Und doch gibt es sie immer noch. Viele von ihnen sind in kleinen politischen Gruppen aktiv, in besetzten Häusern oder als “ganz normale” Bürger.
Mitzi Waltz ist eine kandadische Wissenschaftlerin, die sich selbst als Anarchistin versteht.
Die Frage, ob wir Auszüge aus einem ihrer Texte im „mondkalb“ bringen, hat in der Redaktion für Diskussion gesorgt. Einige empfanden vor allem die Idee der Circle of Support fragwürdig. Sicher ist es eine Möglichkeit, besonders Menschen mit Lernbehinderungen aus Heimstrukturen zu lösen und ihnen einen integrierteren Alltag zu bieten. Trotzdem befürchten wir, dass dadurch wieder einseitige Abhängigkeiten geschaffen werden. Die zukunftweisendere Konstellation bzw. den besten Kompromiss mit den Verhältnissen sehen wir im Prinzip der Persönlichen Assistenz. Die Anstellung durch den Unterstützungsbedürftigen, sein Chefsein im Verhältnis Assistenznehmer-Assistent gewichtet die Abhängigkeit halbwegs gleich auf beiden Seiten: Der eine braucht die Kohle, der andere jemanden, der ihn auf’s Klo setzt. Wären wir hierbei auf den guten Willen der Freunde angewiesen, hätte das mit einem selbstbestimmten Leben nicht mehr viel zu tun.