Infokasten

Die Gleichheit aller Menschen bedeutete in „real existierenden Sozialismus“ der DDR soziale Gerechtigkeit, das Recht auf Arbeit, auf Bildung, auf Wohnung – bedeutete soziale Sicherheit. So hörten und lasen wir es jedenfalls fast täglich. Heute – seitdem wir uns im Dschungel der westlichen Lebensart zurechtfinden müssen – fehlt uns auf diese Sicherheit. Mit ihr sind direkt nostalgische Erinnerungen verbunden. Soziale Sicherheit war aber auch Bevormundung durch den Staat und die sozialistische Ideologie. So gab es keine Möglichkeit, dass sich Behindertenverbände und Gruppen bilden konnten… Das Nichtvorhandensein von Interessenvertretungen behinderter Menschen in der DDR erklärt sich hauptsächlich darin, dass Behinderungen nicht als gesellschaftliches Problem akzeptiert und anerkannt wurde. Das Thema Behinderung wurde mediziniert, wie es schon in der Wortwahl „Geschädigte“ zum Ausdruck kam. Mangelgesellschaften, wie die DDR, haben die Tendenz, die Lebensverhältnisse ihrer Einwohner zu nivellieren. So befanden sich viele behinderter Menschen in ähnlichen Lebensverhältnissen wie ihre nichtbehinderten Nachbarn und Kollegen. So paradox es klingen mag, schaffte dies Gemeinsamkeiten und das Gefühl, eingegliedert zu sein.

_Barbara Vieweg „Utopie und Wirklichkeit, Sozialismus und Behinderung – ist das ein Thema, welches uns heute interessieren könnte?“ in „Randschau“ 4/1994_

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