Die Tagebuchschreiberin ist mit ihren 30 Jahren in den 19jährigen Markus verliebt. In ihrer WG lebt der Teenager Uschi, zu der sie ein sehr inniges Verhältnis hat. Sie wird von ihr „Mameli“ (Mütterchen) genannt. Aber auch Uschi ist in Markus verliebt. Und er steht mehr auf den Teenie als auf die wesentlich ältere Rollstuhlfahrerin.
Nun sitzt er abends an ihrem Bett, um ihr das zu sagen…
„Sein haar war feucht und kräuselte sich an den schläfen. Er sah traurig aus und unbehaglich,
und er tat mir schrecklich leid. Am liebsten hätte ich ihn in die arme genommen, ihn gehalten und getröstet wie ein kleines kind. Aber das konnte ich ja nicht. Meine glieder lagen schwer neben mir und liessen keine spontane geste zu.
Und ich hätte ihm gern die hand auf den arm gelegt, eine kleine mitfühlende gebärde. Das hätte ich gekonnt, er sass nahe genug. Aber ich wagte es nicht. Ich hatte angst, er würde es als plumpe vertraulichkeit auslegen. Als annäherungsversuch.
„Wir lieben uns!“ sagte er einfach. „Uschi und ich. Aber wir können dessen nicht froh werden wegen dir. Du tust uns leid, und wir möchten dir nicht weh tun.“
Bedrückt sah er vor sich hin. Also doch, genau das, was ich befürchtete und was die hoffnung in mir immer wieder auszureden versucht hatte. Sie liebten sich, oder meinten es wenigstens. Und ich stand ihnen davor. Oh, ich konnte mir ihr gespräch lebhaft vorstellen. Wahrscheinlich hatten sie von verzicht geredet, kamen sich wie märtyrer vor, leidend, damit ich nicht leide. Wie liebende romanhelden, denen das schicksal vor dem grossen glück stand – und das schicksal war ich. Und trotzdem tat ich ihnen leid, sie wollten mir nicht wehtun.
„Ach, mach dir doch um mich keine sorgen“, sagte ich kühl. „Ich komme schon zurecht. Um mich brauchst du dich nicht zu kümmern. Geniesse es mit Uschi und sei froh, dass es bei euch gut geht. Ich bin es gewohnt, selber fertig zu werden.“