„Verletzt wirst du doch sowieso“

Liane Krüger lebt und liebt mit einer schweren Wirbelsäulenverkrümmung. Für Aufsehen sorgte die Dresdnerin mit ihren Aktfotos.

Liane, was bedeutet für dich Schönheit?
Wenn das Äußere mit dem Wesen eines Menschen im Einklang ist.

Demnach wäre bei uns so mancher absolut hässlich.
Unsinn. Jeder Mensch kann schön sein, wenn es eine Harmonie gibt zwischen der Erscheinung und der Art wie er sich zeigt.
Ich habe eine gute Bekannte, die ist kleinwüchsig, hat aber meist eine sehr freundliche Ausstrahlung, und auch wie sie sich kleidet, den Schmuck auswählt – das alles finde ich sehr schön an ihr.

Ist Heidi Klum schön?
Ist das nicht dieses Model, eine von diesen austauschbaren Schönheiten? –
Die sind doch alle gemacht, alle so glatt.

Du hast von dir selbst Aktfotos machen lassen, die vielerorts sogar ausgestellt worden sind. Wie kam es dazu?
Die Idee kam mir in einer schweren Lebenskrise. Zum ersten Mal war mir wirklich bewusst geworden, dass mein Körper der Grund dafür ist, dass ich bei den Männern, in die ich mich verliebe, meist keine Chance habe. Inzwischen lebe ich aber in einer glücklichen Beziehung.

Was waren das für Männer?
Mit denen könnte ich schon eine Sportschule aufmachen, alle sehr muskulös. Ich bin doch immer dem athletischen Typ nachgerannt, wollte die eigenen körperlichen Mängel kompensieren durch einen idealen Lover. – Anderseits bin ich als Kind auch sehr stark auf Sport orientiert worden, meine Krankheit ist doch erst in der Pubertät deutlich geworden.
Und diese Krankheit wurde zur Behinderung. Die Aktion mit den Aktfotos war dann so eine Flucht nach vorn. Mit drei Fotografen und zwei Maskenbildnerinnen habe ich von mir verschiedene Serien machen lassen.

Wie waren die Reaktionen?
Unterschiedlich. Von Zustimmung bis vollkommener Ablehnung war alles dabei. Auf jeden Fall haben die Fotos niemanden gleichgültig gelassen. Die Presse hat es meist als mutig bezeichnet, einen andersartigen Körper nackt abzulichten und das auch noch mit einem erotischen Anspruch. Mir ging es ja nicht darum, den Alltag einer behinderten Frau zu zeigen. Etwa rein in die Badewanne und wieder raus. Ich wollte meinen Körper phantasievoll und erotisch darstellen.

Kleidung schützt nicht nur vor Kälte, sie ist auch Panzer. Nackt sind wir angreifbar.
Bei einem Foto habe ich mir sogar über meinen Buckel drei schwarze Streifen malen lassen, um das Stigma noch zu betonen. Ich meine, verletzt wirst du doch sowieso, wenn du rausfällst aus der Norm. Da kommt es auf die Nacktheit nicht mehr an.

Interview: Karsten Krampitz, Matthias Vernaldi

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